Nürnberger Rassegesetze

Das „Blutschutzgesetz“ und das Reichsbürgergesetz bildeten die Nürnberger Rassengesetze, die am 15. September 1935 beschlossen wurden. Sie waren die juristische Grundlage dafür, bestimmte Gruppen als nicht mehr „deutschblütig“ zu definieren und ihnen so staatsbürgerliche Rechte abzusprechen. Der Umgang mit sogenannten „Mischehen“ und „Halbjuden“ war für den NS-Apparat allerdings von Beginn an ein heikles Thema, betraf er doch auch zahlreiche familiär verbundene „Arier“, die die neuen Vorschriften keinesfalls ohne Widerspruch hinnahmen, sondern sich für ihre Verwandten einsetzten.

Eine gemeinsame Lobby gab es für die Betroffenen, die je nachdem in jüdischer, christlicher oder konfessionsloser „Mischehe“ lebten, jedoch nicht. In welchem Maße „Mischlinge“ in die Verfolgung einbezogen werden sollten, blieb bis zum Schluss eine Streitfrage zwischen den ideologischen Hardlinern und den eher pragmatischen Kräften unter den NS-Funktionären. Für die Betroffenen war es daher schwierig abzuschätzen, wie sich die Bedrohung für sie entwickeln würde und welche Maßnahmen sie treffen konnten, um sich so gut wie möglich zu schützen.

Bildtafel zum „Blutschutzgesetz“, Quelle: United States Holocaust Memorial Museum, courtesy of Hillel at Kent State

Ein außergewöhnlicher Fall betrifft den Solinger Schreiner Constantin A. Er entging 1939 zwar einer Anklage wegen „Rassenschande“, weil er nach der Scheidung von seiner „halbjüdischen“ Ehefrau Elfriede wieder Kontakt mit ihr hatte, bekam aber dennoch keine erneute Heiratserlaubnis und durfte nicht weiter mit ihr geschlechtlich verkehren.

„Weiter ist mir mitgeteilt worden, dass der Herr Reichsminister unverändert den Standpunkt vertritt, dass meine geschiedene Frau als Jüdin im Sinne des Blutschutzgesetzes anzusehen ist. Ich bin nachdrücklich darauf hingewiesen, dass ich Gefahr laufe wegen Rassenschande bestraft zu werden, wenn ich in Zukunft noch mit meiner geschiedenen Frau geschlechtlich verkehre.“

Erklärung von Constantin A., Quelle: Landesarchiv NRW Rheinland, Gerichte Rep. 29 Nr. 119

Quellen:
– United States Holocaust Memorial Museum, courtesy of Hillel at Kent State, Bildtafel zum „Blutschutzgesetz“
– Landesarchiv NRW Rheinland, Gerichte Rep. 29 Nr. 119, Gerichtsakte Constantin A.