Heinrich Schroth wurde am 3. November 1902 in Ohligs, Kreis Solingen, geboren. Nach Absolvieren einer Maurerlehre war er später vor allem als selbstständiger Fabrikant tätig. Schroth war langjähriger Vorsitzender der Sozialistischen Arbeiter-Jugend (SAJ) in Ohligs. 1931 verließ er die SPD und schloss sich der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) an, einer Splitterpartei, die für die „Einheitsfront“ der sozialistischen Parteien und der Gewerkschaften gegenüber dem Faschismus eintrat.
Am 28. Februar 1933 kehrte Heinrich Schroth von einer sozialistischen Jugend-Tagung in den Niederlanden zurück und wurde beim Grenzübertritt in Emmerich erstmals in „Schutzhaft“ genommen. Weitere Verhaftungen folgten. Am 2. September 1933 lieferte man ihn ins KZ Kemna ein, wo er vier Monate verbrachte und aufs Schwerste misshandelt wurde.
„Es ist mir nicht möglich, die Art und die einzelnen Maßnahmen der Mißhandlungen zu schildern, und es wird wohl schwer möglich sein, durch Worte [sich] einen Begriff solcher Vernehmungen zu machen. Im Laufe dieser Vernehmungen aber, bei der ich wiederholt das Bewußtsein verlor, wurde unter anderem auch das sogenannte ,Kemna-Frühstück‘ in den verschiedensten Variationen überreicht. Das ,Kemna-Frühstück‘ war wechselweise ein mit Staufferfett beschmierter Hering oder einen Hering mit Rübenkraut und Salz beschmiert, oder derselbe Hering durch eine Jauchekübel gezogen. Im Laufe meiner Vernehmung wurde diese Experiment wiederholt. In der Zwischenzeit, die Vernehmung dauert sieben Tage, wurde ich teils in einem Warenaufzug, teils unter der Treppe untergebracht. Das Ergebnis [der Vernehmungen] waren starke Verletzungen am ganzen Körper und gesundheitliche Schäden, die ich auch bis heute noch nicht überwunden habe.“
Heinrich Schroth über seine Zeit im KZ Kemna
Im Mai 1934 verurteilte das Oberlandesgericht Hamm ihn wegen angeblicher „staatsfeindlicher Betätigung bzw. Vorbereitung zum Hochverrat“ zu einem Jahr und sieben Monaten Gefängnis. Schroth litt nach seiner Haftentlassung unter dauernden körperlichen Beschwerden: Zahnverlust, mehrfachen Schädel- und Rippenbrüchen, Schwerhörigkeit, Nierenschäden sowie starken Kopf- und Magenschmerzen, die einer ständigen ärztlichen Behandlung und strenger Diät bedurften.
Sein Versuch, nach der Haft als Maurer Arbeit zu finden und seine Meisterprüfung zu machen, wurde überall aus politischen Gründen abgewiesen. Er arbeitete ab 1936 als Scherenfabrikationsführer in seinem eigenen kleinen Unternehmen, das 1944 beim Bombenangriff auf Solingen völlig zerstört wurde.
Nach 1945 schloss sich Schroth wieder der SPD an und wurde zum Vorsitzenden des Unterbezirks Solingen gewählt. Von 1946 bis 1956 war er Mitglied des Solinger Stadtrats. Hier setzte er sich vor allem in der Bildungspolitik ein und erwarb sich im Schulausschuss für den Neu- und Wiederaufbau der Schulen Verdienste.
Im August 1953, kurz vor der Bundestagswahl, bezichtigte ihn Bundeskanzler Konrad Adenauer, von der SED 10.000 DM angenommen zu haben. Schroth schaltete die Bonner Staatsanwaltschaft ein. Vor Gericht weigerte sich Adenauer seine Quellen preiszugeben und ließ die Vorwürfe erst fallen, nachdem er die Wahl gewonnen hatte. Trotz dieses Diskreditierungsversuchs wurde Schroth im Juli 1954 als Direktkandidat für den Wahlkreis Solingen-Altstadt-Höhscheid in den Landtag NRW gewählt. Er gehörte dort unter anderem dem Rechnungsprüfungsausschuss an, dessen Vorsitz er 1956 übernahm.
Er verstarb am 13. September 1957 im Alter von nur 54 Jahren an den Folgen seiner erlittenen Misshandlungen. Am 7. Februar 2006 wurde an der Finkenstr. 5 ein Stolperstein für Heinrich Schroth verlegt.
Quellen:
– Armin Schulte: „Man soll mich nicht vergessen!“ Stolpersteine in Solingen, Schicksale 1933-1945, Solingen 2020, darin: Heinrich Schroth
– Stadtarchiv Solingen: RS 23374, RS 9617 und Ve 73-35, SG 16406
– Inge Sbosny, Karl Schabrod: Widerstand in Solingen, Frankfurt am Main 1975