1. Mai 1945
An der Beisetzung der 71 kurz vor Kriegsende am Wenzelnberg ermordeten Häftlinge vor dem Ohligser Rathaus nahmen nach Aufforderung 3.000 Menschen teil. Max Rieß vom „Antifaschistischen Ausschuss für den Wiederaufbau“ sagte in seiner Ansprache: „Die Freiheit möge Eure Grabstätte umschweben und bald schon soll ein Mahnmal künden, dass eine neue und bessere Zeit, auch für unser Deutsches Volk am Horizont hochsteigt.“
19. Mai 1948
Die VVN beantragte an der Ecke Haupt- und Potsdamer Straße ein Mahnmal zu errichten. Oberbürgermeister Eugen Maurer schlug vor, anstatt des Denkmals ein Wohnhaus für die Hinterbliebenen der Ermordeten zu errichten.
11. September 1949
Vier Jahre nach Kriegsende wurde gegenüber dem Ohligser Rathaus der Grundstein für das Wohnhaus gelegt. Eine von der Bildhauerin Lies Ketterer gestaltete Gedenktafel erinnert als Mahnmal an die Verbrechen des Nationalsozialismus. Außerdem wurde eine Urkunde in das Fundament eingemauert. Darin sind die 79 damals bekannten Ermordeten benannt. „Sie lebten und starben für ein besseres Deutschland, für ein Deutschland der sozialen Gerechtigkeit und des Friedens.“
„Für Solingen gewinnt der 11. September [1949] besondere Bedeutung, da an diesem Tage vor dem Ohligser Rathaus an der Ecke Sauerbrey- und Kamper Straße der Grundstein gelegt wird zu einem Wohnhaus, in dem Hinterbliebene der Ermordeten unterkommen sollen und an dem eine Gedenktafel als Mahnmal an die Verbrechen jener Zeit erinnern wird.“
Ankündigung im Rhein-Echo am September 1949, Quelle: Stadtarchiv Solingen
März 1950
Oberstadtdirektor Gerhard Berting sagte beim Richtfest, das Gebäude habe nicht nur den Zweck zwölf Familien, die Opfer des Naziregimes wurden, eine Wohnung zu geben, sondern „es solle auch die Solinger Bevölkerung immer wieder an die hinter uns liegende Zeit des Terrorismus und der Unmenschlichkeit und vor allen Dingen an die Opfer dieser Zeit erinnern.“
7. September 1950
Zur Einweihung betonte Oberbürgermeister Eugen Maurer, dass die Gedenktafel „auch mahnende Verpflichtung für die Gegenwart sei, keinem Mitmenschen mit Gewalt eine politische Meinung aufzuzwingen.“
1996
Karl Bennert, Willi Gottfried, Armin Alfermann, Günter Wißmann, Horst Sassin und Werner Böwing wendeten sich in einem Bürgerantrag gegen den geplanten Verkauf des Hauses durch die Stadt Solingen:
„Das Mahnmalhaus Kamper Straße/Ecke Sauerbreystraße soll weder in Teilen noch in Gänze verkauft werden. […] Sobald eine Wohnung im Mahnmalhaus durch Umzug von Mietern frei wird, soll diese als Dokumentationsstätte der Verfolgungen im Nationalsozialismus und des Widerstands gegen ihn dienen. […] Dieses Haus verkörpert einen Teil des kollektiven Gewissens unserer Stadt, es hält die Erinnerung an ein dunkles Kapitel unserer Geschichte wach und lebendig. […] Es ist ein Mahnmal gegen das Vergessen, Verharmlosen und Verdrängen.“
Das Gebäude wurde dennoch verkauft. Jährlich werden am „Mahnmalhaus“ am Volkstrauertag Gedenkfeiern ausgerichtet. Nach dem Verkauf wurde ein Haken zum Aufhängen des Gedenkkranzes entfernt. Dieser muss jetzt auf dem Boden abgelegt werden.
Quellen:
– United States Holocaust Memorial Museum, courtesy of National Archives and Records Administration, College Park
– Stadtarchiv Solingen: Na 44 – 5 (Nachlaß von Georg Artur Meistermann); FA_3/6 (Chronik der Besatzungszeit-Entnazifizierung … Bd 5, Teil 1), RS 24154 (Foto Einweihung)
– tacheles. Zeitung für Emanzipation und Solidarität. Ausgabe 5. Februar 1997
– https://www.solingen.de/de/aktuelles/17.-november-volkstrauertag
– https://www.solinger-tageblatt.de/solingen/solinger-erinnern-opfer-krieg-hass-13226994.html
– Daniela Tobias, Fotos Mahnmalhaus und Gedenktafel
– Christian Beier, Foto Volkstrauertag 2019