Albert Müller

Albert Müller wurde von den Alliierten als erster ordentlicher Nachkriegsoberbürgermeister eingesetzt. Quelle: Stadtarchiv Solingen, RS 25144 (Unterbühner)

Albert Müller wurde am 27. Juli 1891 in Solingen geboren. Er erlernte den Beruf des Schlossers. 1919 trat er der USPD bei und war 1921 in Solingen Mitbegründer der KPD. Er war Betriebs-Obmann und langjähriger Vorsitzender der freien Schulgesellschaft.

Von März 1933 bis April 1934 kam er in „Schutzhaft“, zunächst in Solingen und Remscheid-Lüttringhausen, die längste Zeit im Konzentrationslager Börgermoor. Begründet wurde dies so: „(…) weil Sie hinreichend verdächtig erscheinen, sich als Funktionär(in) der KPD führend betätigt und dadurch in erheblichem Umfange die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet zu haben.“

1935 erneut inhaftiert, wurde er 1937 für sieben Monate in „Schutzhaft“ genommen, unter anderem im KZ Sachsenhausen und im Polizeipräsidium Düsseldorf. Sowohl 1935 als auch 1937 wurden Verfahren wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ gegen ihn geführt. Seine letzte Verhaftung erfolgte am 15. August 1944. Auch zwischen den Haftzeiten setzte er seine Widerstands-Tätigkeit fort.

Der Arzt Dr. Hans Rüppel stellte in seinem Rentengutachten eine „Minderung der Erwerbsfähigkeit für alle Körperschäden insgesamt“ um 66 2/3 % fest, „infolge der langdauernden u. öfteren Inhaftierung, verbunden mit Misshandlung, schlechter Unterbringung u. Verpflegung, seelischer Druck“. Als Krankheiten während der Inhaftierung benennt er „Bronchitis, Herzanfälle, Ohnmachtsanfälle. Starke Nervosität. Verlust d. Oberkiefer-zähne durch Misshandlung.“

Kurz vor Kriegsende gab es vier verschiedenartige Gruppen, deren Interesse es war, die vom NS-Regime angekündigten Zerstörungen von Brücken und Eisenbahnanlagen und die militärische Verteidigung der Städte zu verhindern. Eine der Gruppen war der Solinger KPD-Kreis um Albert Müller und den versteckt lebenden Willi Dickhut.

Am 1. November 1945 nahm Albert Müller an einer Versammlung von Vertretern der Christdemokratischen, der Kommunistischen, der Liberaldemokratischen und der Sozialdemokratischen Parteien teil. Diese beschloss: „Die Vertreter aller vertretenen Parteien erkennen die Notwendigkeit enger Zusammenarbeit an und erklären sich zu dieser Zusammenarbeit grundsätzlich und vorbehaltlos bereit.“ Am 30. Januar 1946 schrieben sie: „Die vier Parteien, K.P.D., C.D.U., L.D.P. und S.P.D. unterbreiten dem Herrn Gouverneur Bodington aufgrund gemeinsamer Besprechung folgende Vorschläge: 1.) In Anerkennung folgender Tatsache, dass die K.P.D. bei den früheren Wahlen die stärkste Partei im Stadtgebiet Solingen war, schlägt die K.P.D. als Oberbürgermeister der Stadt Solingen Herrn Albert Müller, Solingen, Van-Meenen-Strasse Nr. 6 vor. (…)“

Am 8. Februar 1946 ernannte die britische Militärregierung Albert Müller zum Vorsitzenden des Rates der Stadt und zum ersten ordentlichen Oberbürgermeister Solingens der Nachkriegszeit. Am 2. März 1946 wurde Albert Müllers „Aufruf zur tätigen Mitarbeit“ in der Rheinischen Post abgedruckt.

„(…) Noch blutet unser Land aus allen Wunden, die ihm der wahnsinnige Hitlerkrieg schlug. Noch türmen sich, auch in unserer Stadt, die Trümmer zu Bergen als das Mahnmal einer furchtbaren, nun hinter uns liegenden Epoche. Doch ist es nur der Schutt der zerbombten Häuser, der darauf wartet, weggeräumt zu werden? Ist nicht auch in vielen Herzen noch eine wüste Unordnung? Muß nicht auch die Welt des Geistes neu aufgebaut werden? (…)“

Am 8. Februar 1946 ernannte die Militär-Regierung eine Stadtverordneten-Versammlung unter Oberbürgermeister Albert Müller. Quelle: Stadtarchiv Solingen, U 135

Zehn Monate in einer Zeit schwerster wirtschaftlicher Not setzte Albert Müller als Oberhaupt der Stadt in unermüdlicher und aufopferungsvoller Arbeit seine ganze Kraft zum Wohle der Bevölkerung ein.

Am 13. Oktober 1946 fanden die ersten freien Wahlen eines politischen Gremiums nach fast 14 Jahren statt. Gerhard Hebborn (CDU) wurde am 5. November zum Oberbürgermeister gewählt. Albert Müller wurde für die KPD in den Stadtrat gewählt und blieb dort bis zu seinem Tode tätig, zuletzt als Fraktionsvorsitzender. Er verstarb am 27. Januar 1951, nicht einmal 60 Jahre alt. Im Nachruf der Stadt heißt es: „Sein tiefes Verständnis für soziale Probleme sicherte ihm Anerkennung und Achtung aller, auch seiner politischen Gegner.“

Am 2. August 2017 wurde ein Stolperstein für Albert Müller an der Potsdamer Straße 9 verlegt.

Stolperstein für Albert Müller an der Potsdamer Straße. Foto: Uli Preuss

Quellen:
– Armin Schulte: „Man soll mich nicht vergessen!“ Stolpersteine in Solingen, Schicksale 1933-1945, Solingen 2020, darin: Albert Müller
– Stadtarchiv Solingen: Nachlass Georg Artur Meistermann Na 44-5, Wiedergutmachungsakte Albert Müller SG 16059