Liebe Ausstellungsbesucher:innen,
mit pandemiebedingt einjähriger Verspätung öffnet die Ausstellung „…und laut zu sagen: Nein.“ des Vereins Max-Leven-Zentrum Solingen e.V. im Zentrum für verfolgte Künste. Vorträge, Filmabende und Themenführungen rund um den Solinger Widerstand gegen die Nationalsozialisten werden teils digital, teils analog zu erleben sein. Die Inhalte der Ausstellungstafeln sind erschütternd, aber die Kreativität und der Einsatz der Macher:innen, allen voran Daniela Tobias und Dr. Stephan Stracke, ist begeisternd. Sie haben dem Lockdown getrotzt und einige der insgesamt 63 Tafeln, Medien-Stationen und diverse Ausstellungs-Objekte bereits online präsentiert.
Gefördert mit Mitteln der Landeszentrale für politische Bildung NRW und des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ wird deutlich, dass es in unserer Klingenstadt zahlreiche Frauen und Männer gab, die – entsprechend dem titelgebenden Tucholsky-Zitat – den Mut hatten, laut „Nein“ zu sagen. Einige von ihnen werden in dieser Ausstellung gewürdigt: Geistliche wie der evangelische Pfarrer Johannes Lutze und der katholische Kaplan Hermann Richartz, engagierte Frauen wie Tilde Klose und Änne Wagner, Politiker wie Willi Dickhut und Heinrich Schroth oder Künstler:innen wie Helene Sternsdorff und Ernst Walsken. Ihr Widerstand ist ein politisches Vermächtnis, auf das Solingen bis heute stolz sein darf.
Neben der Vermittlung von Formen, Strategien und Bedingungen des Widerstandes gegen das NS-System in Solingen zeigt die Ausstellung auch die schrecklichen Folgen ausbleibenden Widerspruchs und falschen Gehorsams. So klingt im Ausstellungstitel „… und laut zu sagen: Nein“ auch das „Nie wieder!“ an, dem die Bundesrepublik Deutschland seit der Shoah, dem größten Menschheitsverbrechen auf europäischem Boden, verpflichtet ist.
Das Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“, das in diesem Jahr bundesweit gefeiert wird, will auch ein Zeichen gegen den erstarkenden Antisemitismus setzen. Es ist nötiger denn je: Das Jahr 2020 verzeichnete mit 2275 Straftaten bundesweit einen neuen Höchststand an judenfeindlichen Angriffen. Wir müssen dem Antisemitismus und dem Rassismus dort entgegentreten, wo immer er sich zeigt: Es darf nicht erst der Angriff auf offener Straße sein, der unser Handeln erfordert, es können auch Verbal-Attacken auf dem Schulhof oder Hatespeech im Netz sein, denen wir uns öffentlich entgegenstellen müssen.
Deshalb: Lassen wir uns inspirieren von den mutigen Männern und Frauen, die sich schützend vor Andere gestellt und den Verbrechern in Uniform oder in Schlips und Kragen die Stirn geboten haben. Sagen wir laut „Nein“, wenn es darauf ankommt, wenn es auf uns ankommt! Ich danke den engagierten Vereinsmitgliedern, die ihnen hier und jetzt und ab 2023 in der Bildungs- und Gedenkstätte Max-Leven-Zentrum, am historischen Ort der Solinger Arbeiterbewegung, ein ehrendes Andenken setzen. Sie haben es verdient.
Tim Kurzbach
Oberbürgermeister der Klingenstadt Solingen